Wer sein Auto zu Hause laden kann, startet jeden Tag mit einem vollen Akku – und braucht sich über Reichweite und Ladeinfrastruktur kaum mehr Gedanken zu machen. «Als Standard für das Laden zu Hause hat sich inzwischen ein dreiphasiger Anschluss mit 11 kW etabliert», erklärt Kurt Meier von der meierelektro AG in Bettwil. Damit können die meisten E-Autos um die 50 Kilometer Reichweite pro Stunde laden. Den Akku voll aufzuladen, würde mit einem 11-kW-Anschluss, je nach Modell, vier bis zehn Stunden dauern – und wäre also problemlos über Nacht möglich. Doch: dass man den Akku von ganz leer auf ganz voll laden muss, kommt selten vor. Laut einer Studie des Bundesamtes für Statistik legen Schweizerinnen und Schweizer 36,8 km pro Tag zurück; der dafür benötigte Strom wäre an der 11-kW-Wallbox bei den meisten E-Autos in rund 40 Minuten wieder nachgeladen.Steckdose ist keine Dauerlösung
Für den täglichen Pendlerverkehr braucht man also schlussendlich gar nicht so viel Strom. Und auf Langstrecken mit dem E-Auto greift man ohnehin auf die Schnellladestationen entlang der Autobahn zurück. Man könnte sich also fragen, ob die Installation einer Wallbox am heimischen Parkplatz überhaupt nötig ist, schliesslich gibt es in vielen Garagen eine konventionelle Haushaltssteckdose. Diese liefert normalerweise 2,3 kW Leistung, womit pro Stunde Strom für rund 10 Kilometer Reichweite in den E-Auto-Akku kommt. «Tatsächlich wird bei E-Autos in der Regel ein Ladegerät mit Anschluss für die Haushaltssteckdose mitgeliefert. Das ist aber nur als Not-Ladekabel und nicht als Dauerlösung zu verstehen», erklärt Kurt Meier. Denn der Haushaltanschluss kann zwar genügend Strom liefern, um das E-Auto für den täglichen Kurzstreckenverkehr nachzuladen, doch sind die Anschlüsse nicht auf die hohe Dauerbelastung ausgelegt. Das kann im schlimmsten Fall sogar zu einem Kabelbrand führen; wird die Steckdose also regelmässig und nicht nur im Notfall zum Laden von E-Autos oder Plug-in-Hybriden genutzt, sollte sie zumindest geprüft und mit entsprechenden Komponenten auf die Dauerlast aufgerüstet werden. Doch auch dann ist der vergleichsweise schwache Strom nicht optimal, um den Autoakku zu laden – auch wenn möglichst langsames Laden schonend für die Batteriezellen ist. Zum einen steigt die Verlustleistung: Durch die lange Ladedauer muss auch die Elektronik des Autos lange aktiv bleiben, was Strom verbraucht, der somit nicht im Akku landet. Im Winter kann es zudem sein, dass der schwache Strom nicht ausreicht, um den Akku auf Temperatur zu bringen. Ist die Batterie zu kalt, kann sie keinen Strom aufnehmen. Somit riskiert man, bei Kälte nicht laden zu können. Ausserdem reicht der Haushaltsstrom bei den meisten E-Autos nicht aus, um die Heizung zu betrieben. Auch wenn der Wagen am Stecker hängt, kann der Innenraum also nicht vorgeheizt werden, ohne Strom aus dem Akku zu beziehen. Wer also auf ein E-Auto umsteigt oder dies schon getan hat, sollte, sofern möglich, beim heimischen Parkplatz direkt eine Wallbox installieren. Diese kostet, je nach Modell, 500 bis 1000 Franken zuzüglich Installation. «Dafür ist übrigens immer eine amtliche Bewilligung nötig», betont Meier. Darum kümmert sich aber in der Regel der Elektroinstallateur, der die Station in Betrieb nimmt. Genauso um den benötigten Fehlstrom-Schutzschalter, der bei einigen Wallboxen nicht integriert ist und zusätzlich verbaut werden muss.
«Auch in älteren Gebäuden ist die Anschlussleistung in der Regel hoch genug, um ein E-Auto vernünftig laden zu können.»
Kurt Meier
meierelektro AG, Bettwil
Genügend Strom, aber keine Kommunikation
«Auch in älteren Gebäuden ist die Anschlussleistung in der Regel hoch genug, um ein E-Auto vernünftig laden zu können», erklärt Kurt Meier. Schliesslich seien die Haushaltsgeräte in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich sparsamer geworden. Die Zuleitungen sind aber noch auf höhere Stromstärken ausgelegt. Auch da, wo allenfalls eine rote Industriestrom-Steckdose vorhanden ist, empfiehlt der Fachmann aber die Installation einer Wallbox, auch wenn bei vielen Autos ein Ladegerät mit entsprechendem Adapter dabei ist oder als Zubehör erhältlich ist. Zwar kann an einer solchen Industriedose auch mit 11 kW oder mehr geladen werden, «doch kann ein solcher Anschluss nicht kommunizieren», meint Meier. Denn: Man darf die Ladestation für das E-Auto nicht als isoliertes Element sehen. Sie sollte ein Teil eines Systems sein – und mit diesem interagieren können. In einem «Smart Home» sollten die einzelnen Verbraucher untereinander vernetzt sein, um den Strom passend und mit sinnvollen Prioritäten zu verteilen, falls die Anschlussleistung bei einer Spitzenbelastung nicht ausreicht. So sollte zum Beispiel eher das Laden des E-Autos kurz unterbrochen werden, anstatt den Lift mitsamt Passagieren anhalten zu müssen. Erst recht wichtig wird diese Kommunikation bei einem Haus mit einer Photovoltaik-Anlage, wo die Stromkosten durch eine sinnvolle Programmierung und Verteilung massiv gesenkt werden können. «Wer sich eine Photovoltaik-Anlage installieren lässt, wird vermutlich bald auch auf ein E-Auto umsteigen – und umgekehrt», weiss Kurt Meier von der Firma meierelektro AG aus Erfahrung. Doch die Vernetzung ist nicht nur bei Einfamilienhäusern mit Solarzellen auf dem Dach wichtig, sondern auch bei Mehrfamilienhäusern und Sammelgaragen, wo mehrere Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden sollen.
Brüderlich verteilte Ladeleistung
E-Autos werden stetig beliebter – und kommen damit auch immer mehr in Mehrfamilienhäusern an. Die Installation einer Wallbox muss in Sammelgaragen mit der Verwaltung oder den Miteigentümern abgestimmt werden – nicht zuletzt auch, um Unklarheiten bei der Abrechnung der Stromkosten zu vermeiden. Vor allem aber gilt auch hier: Eine Ladestation muss immer in das gesamte System integriert sein. «Hier kommt es vor allem auf ein gutes Lastenmanagementsystem an», weiss Kurt Meier. «Es kann die Ladeleistung der Ladestationen laufend anpassen, je nachdem, wie viel Strom andere Verbraucher ziehen.» So kann das System den zur Verfügung stehenden Strom gerecht auf die ladenden Autos verteilen – oder je nach Einstellung auch einzelnde Autos bevorzugen, die beispielsweise früher geladen sein müssen oder mehr Strom benötigen. Da die meisten Autos, wie erwähnt, in der Regel ohnehin nicht viele Kilometer pro Tag zurücklegen, ist es auch bei mehreren Ladestationen kein Problem, den verbrauchten Strom über Nacht wieder in die Akkus zu bringen. Wäre allerdings kein Lastenmanagement aktiv, könnte es tatsächlich zu einem Engpass kommen, wenn mehrere Autos gleichzeitig eingesteckt werden und mit voller Leistung laden wollen. Deshalb ist ein dynamisches Lastenmanagement ab drei Stationen am selben Standort vorgeschrieben.
Zur Vernetzung gehört übrigens nicht nur die Ladestation: Für optimalen Zugriff sollte das Auto am Parkplatz Mobilfunk- oder WLAN-Empfang haben. Nur so kann man den Ladevorgang auch aus der Ferne überwachen und Komfortfunktionen wie das fernbediente Vorklimatisieren über die Smartphone-App auch zu Hause nutzen.
Ladestation richtig platzieren und dimensionieren
Viele Plug-in-Hybride und auch einige E-Autos verfügen über weniger als 11 kW Ladeleistung. Trotzdem ist es ratsam, bei der Installation einer Wallbox etwas Weitblick zu wahren und die Ladestation mit 11 kW Leistung zu installieren. Die Kosten dafür fallen in der Regel nicht viel höher aus als für eine Installation mit 3,7 oder 7,4 kW Ladeleistung. Dafür ist man mit 11 kW aber auch gerüstet, falls man sich in Zukunft ein schneller ladendes Auto zulegt – oder Gästen eine Lademöglichkeit bieten will.
Auch bei der Positionierung der Ladestation sollte man auf Flexibilität achten. Entscheidend ist zunächst freilich, wo die Ladebuchse des Autos platziert ist und ob man vorwärts oder rückwärts in den Parkplatz einfährt, um die Ladestation so zu platzieren, dass man bequem an- und abstecken kann – und während des Ladens nicht dauernd über das Kabel klettern muss. Bei einer Doppelgaragenbox empfiehlt es sich, die Wallbox mittig an der Rückwand zu installieren. So kann sie von beiden Parkplätzen aus genutzt werden. Auch auf ein ausreichend langes Kabel sollte man achten, will man für andere Fahrzeugtypen flexibel sein. Mindestens fünf Meter, also eine Fahrzeuglänge, sollten ausreichen, um jedes Auto laden zu können. So sorgt man vor – und braucht sich beim nächsten Neuwagenkauf nicht ärgern. Philipp Aeberli